Historisches Handwerk Die Geschichte der Tapete
Tapeten waren lange schöner Luxus, geblieben ist die FREUDE AN FARBEN UND MUSTERN, beschreibt unsere Autorin Astrid Arnold vom Deutschen Tapetenmuseum in Kassel
Keine Geringere als Madame de Pompadour führte in den 1750er-Jahren die als Rollenware hergestellte Papiertapete in die Pariser Gesellschaft ein und legte so den Grundstein zum Erfolg dieses Wanddekors. Voraussetzung war die Ende des 17. Jahrhunderts revolutionäre Erfindung der Engländer, einzelne handgeschöpfte Papierbögen zusammenzukleben und sie von Hand mit Leimfarben zu bedrucken.
Diese aufwändige Prozedur konnte seit den 1830er-Jahren durch die Endlospapiermaschine sowie durch die ab den 1840er-Jahren im Tapetendruck eingesetzte Walzentechnik effizienter gestaltet werden. Die Vorteile der Papiertapete lagen in der Möglichkeit des schnellen „Tapetenwechsels“ entsprechend der sich rasch verändernden Modeströmungen. Auch hygienische Gründe wurden in den zeitgenössischen Journalen betont, waren doch textile Wandverkleidungen anfällig für Staub und Mottenfraß. Die industrielle Fertigung läutete zunächst den Niedergang der handbedruckten Papiertapeten ein. Erst im Jugendstil wurden mit den Künstlertapeten von Otto Eckmann oder Henry van de Velde wieder qualitätvolle Tapeten, zum Teil im Handdruck, für eine erlesene Käuferschaft hergestellt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg zierten zarte Muster der 1950er-, Fototapeten und psychedelische Dekore der 1970er-Jahre die Wände. Bis heute prägte aber wohl die Raufaserästhetik am nachhaltigsten das Erscheinungsbild deutscher Haushalte. Diese Schlichtheit bekommt jedoch seit einigen Jahren Konkurrenz: Fröhliche Muster lächeln uns wieder aus Einrichtungshäusern und Zeitschriften entgegen. Traditionelle Verfahren wurden durch Sieb- und Digitaldruck abgelöst, statt Papier spielt heute Vlies als Trägermaterial die Hauptrolle. Trend ist das Tapezieren von einzelnen Wänden, um ein Lieblingsmöbel hervorzuheben oder Akzente zu setzen. 3-D-Effekte, applizierte Glitzersteinchen und Textilbänder auf Vlies bestimmen die ästhetische Wirkung. Zu haben sind alle denkbaren Farben und Dekore, von dezent bis extravagant.