Plastikfreies Badezimmer: So geht's

190 Millionen Zahnbürsten gehen in Deutschland jährlich über den Ladentisch, durchschnittlich 11,1 Flaschen Duschgel à 250 ml verbraucht jeder Deutsche pro Jahr. Vom Mikroplastik, das sich in Waschmittel und Kosmetik versteckt, ganz zu schweigen. Das erzeugt riesige Müllberge – lassen die sich nicht irgendwie vermeiden?

Minimalistisches Badezimmer

Eines vorweg: „Zero Waste“, also „null Müll“ ist besonders im Badezimmer eine echte Herausforderung. Denn wenn man sich in Spa-Refugium und Nasszelle mal umsieht: Überall ist Kunststoff – als Verpackung von dekorativer Kosmetik, Pflege und Reinigungsmitteln, als Einmal-Produkte wie Rasierer oder Q-Tips. Und das ist nur das sichtbare Plastik, das nach Gebrauch früher oder später in jedem Fall im Abfall landet! Was tun, alles wegwerfen und kunststofffrei neu starten? Nicht für jedes Teil ist das möglich: Denn für die Verpackung von vielen Styling-Produkten und Make-up, aber auch für wasserabweisende Gegenstände wie Duschvorhänge und Co. sind kunststofffreie Alternativen gar nicht so leicht zu finden.

Wer im Bad langfristig plastikfrei leben will, sollte deshalb schrittweise vorgehen und – wo immer möglich – nach kunststofffreien Alternativen suchen, die sich leicht oder mit wenig Eingewöhnungsaufwand in die Badezimmerroutine integrieren lassen. Nach dem ersten plastikfreien Produkt, z.B. in Form eines festen Duschstücks oder einer Bambus-Zahnbürste, geht’s an das nächste – so lange, bis sich der Plastikmüll ohne persönlich spürbare Einbußen an Komfort aufs Minimum reduziert hat. Bonus: Besonders in kleinen Bädern sparst du damit nicht nur Müll, sondern vor allem auch Stauraum ein - denn die wiederverwendbaren Varianten nehmen oft weit weniger Raum ein. Wir zeigen dir, an welchen (Plastik-)Schrauben du drehen kannst!

 

Plastikfrei im Bad – wie fange ich an?

Der erste Schritt: ganz tief im Müll graben – und im Bewusstsein der eigenen Routinen. Welche Produkte musst du fürs Bad ganz regelmäßig nachkaufen, die für jede Menge Müll sorgen? Das reicht von Kosmetika und Hygieneartikeln bis hin zu Putz- und Reinigungsutensilien. Günstige Einwegteile wie Rasierer enthalten zudem oft gefährliches BPA. Aber auch länger verwendete Gebrauchsgegenstände wie Toilettenbürste oder Duschvorhänge solltest du untersuchen: Kommt beim nächsten Austausch eine plastikfreie oder zumindest plastiksparende Alternative in Frage?

Der nächste Schritt geht ins Eingemachte: Denn nicht nur die Verpackung ist das Problem, sondern auch die Inhaltsstoffe: In vielen Produkten von Shampoo bis Peeling, von Waschmittel bis Zahnpasta ist Mikroplastik enthalten! Einige Anbieter werben bereits mit dem Motto „Ohne Mikroplastik“, wer auf Nummer sicher gehen will, verzichtet auf folgende Inhaltsstoffe:

  • Acrylates Copolymer (AC)
  • Polyacrylate (PA)
  • Polyethylene Terephthalate (PET)
  • Acrylate Crosspolymer (ACS)
  • Polymethyl Methacrylate (PMMA)
  • Polypropylene (PP)
  • Dimethiconol
  • Polyquaternium (PQ)
  • Polypropylene Glycol (PPG)
  • Methicone
  • Polyethylene (PE)
  • Polystyrene (PS)
  • Polyamide (PA, Nylon)
  • Polyethylene Glycol (PEG)
  • Polyurethane (PUR)
  • Siloxane
  • Silsequioxane

Plastik sparen bei Kosmetika:

  • Duschgel und Shampoo: Statt auf Produkte in Plastikflaschen kannst du auf Haarseife, festes Shampoo oder ein festes Duschstück zurückgreifen, das verpackungsfrei oder in Pappschachteln aus Recyclingmaterial verkauft wird. Für Reisen bietet sich ein Seifensäckchen aus Jute an oder ein simpler Waschlappen, in den das trockene Waschstück eingepackt wird.

  • Seife und Rasierschaum lassen sich statt in der Flüssig- oder Schaumvariante auch in fester Form verwenden. Diese sind in Pappschachteln oder auch unverpackt im Bio-Handel erhältlich.

  • Hautpflege-Produkte: Bei Gesichts- und Körperpflege kommt es neben den Inhaltsstoffen vor allem auf die Verpackung an. Vor allem Naturkosmetikhersteller bieten Gesichtscremes oder Hautbalsam in wiederverwendbaren oder zumidnest recycelbaren Dosen bzw. Glasbehältern an. Körperbutter gibt es in Bio-Form auch unverpackt am Stück, Kleinstpflegeprodukte wie Lippenbalsam lassen sich selbst machen und in wiederverwendbaren Dosen aufbewahren.

  • Peelings: Viele Scrubs enthalten Partikel aus Mikroplastik – Minimalteile, die sich nicht recyceln oder filtern lassen und durch den Siphon im Abwasser landen. Das geht auch anders: Rauhe Waschlappen oder Handtücher, Luffa-Schwämme oder Sisalhandschuhe zeigen dieselbe Wirkung und erzeugen kaum bis gar keinen Plastikmüll. Wer nicht auf das klassische Peeling verzichten will, wählt ein Zuckerpeeling oder mischt sich den Scrub selbst an. Wie finde ich heraus, ob Mikroplastik in meinem Beauty-Produkt enthalten ist? Auf diese Inhaltsstoffe solltest du verzichten

  • Zahnpflege: Zahnpasta gibt’s nur in der Plastik- oder Alutube, oder? Eben nicht: Immer mehr Hersteller bieten Zahnsalz, Zahnputzpulver oder feste Zahnpasta z.B. in Form von Zahnputztabletten an, die in Schraubgläsern oder Papiertüten verpackt sind. Zahnseide besteht üblicherweise aus Kunststoff und ist in Plastikschachteln verpackt – mit etwas Suchaufwand lässt sie sich aber auch aus Rohseide und Bienenwachs finden, die im Pappspender oder Glasröhrchen mit Metalldeckel angeboten werden. Zahnbürsten aus Bambus sind längst etabliert, ein Blick lohnt sich auch auf Zahnbürsten aus Miswak-Holz (Salvadora persica), die scharf nach Meerettich schmecken.

  • Deodorants sind in gleich zweifacher Hinsicht sorgsam auszuwählen: Zum einen enthalten sie oft schädliche Aluminiumsalze sowie Mikroplastik, zum anderen werden sie meist in Sprühdosen oder Plastikspendern mit Roll-on-Kugel (natürlich aus Kunststoff!) verkauft. Wer den Abfall auch beim Deo reduzieren will, greift auf Deocremes in Glas- oder Metalldosen zurück, die zudem ergiebiger sind als Sprays. Noch besser sind feste Deos, die in Papier oder auch unverpackt verkauft werden – Achtung: Bei letzteren lohnt sich eine Angewöhnungszeit, denn die festen Deostücke verhindern nicht das Schwitzen, sondern nur den unangenehmen Geruch.

 

Für diese Einwegprodukte gibt es plastiksparende Alternativen:

  • Wattestäbchen: Sie wurden früher zur Reinigung der Ohren verwendet, heute kommen sie vor allem beim Schminken zum Einsatz. Q-Tips sind auch in einer plastikfreien Variante mit Naturmaterialien, z.B. aus Bambus und Baumwolle erhältlich. Zumindest biologisch abbaubar sind Stäbchen aus Pappe.
  • Rasierer: Nassrasier, ob in der Einwegversion oder mit austauschbaren Klingen, erzeugen jede Menge Plastikmüll und lassen sich nicht oder nur schwer recyceln. Rasierer aus Holz oder Edelstahl reduzieren die Müllmassen, hier muss je nach Modell lediglich Klinge oder Kopf ausgetauscht werden. Wer sich traut, verwendet einen Rasierhobel, dieser benötigt jedoch ein wenig Übung.
  • Kosmetik- bzw. Wattepads sind täglich in Gebrauch und ohne Plastikverpackung kaum zu bekommen. Immer mehr Menschen steigen deshalb auf wiederverwendbare Reinigungspads aus Baumwolle um, die nach Gebrauch einfach in der Wäsche landen.

 

Plastik sparen bei Hygieneartikeln:

  • Toilettenpapier: Recyceltes, ungebleichtes Papier hat sich längst etabliert, dennoch fällt durch die Verpackungsfolie mit jedem Kauf Plastikmüll an. Wer beim Kauf auf Papiergebinde achtet, leistet zumindest einen kleinen Beitrag zur Müllvermeidung.
  • DamenhygieneTampons und Binden erzeugen mit Plastikhüllen und Klebestreifen viel Müll. Mittlerweile sind auch Bio-Tampons, die in Papier verpackt sind, erhältlich, auch Damenbinden aus Naturmaterialien werden vertrieben. Wer einen Schritt weiter gehen will, verwendet plastikfreie Menstruationsschwämmchen, -Binden oder Menstruationstassen aus medizinischem Silikon, die wiederverwendbar sind.

Plastik reduzieren beim Waschen und Putzen:

  • Reinigungsmittel: Das Einfachste zuerst – vor allem durch sparsamen Umgang lässt sich Müll vermeiden! Auch Groß- und Nachfüllpackungen produzieren weniger Plastikmüll als kleine Flaschen. Immer mehr Drogerien und Bio-Läden etablieren zudem Nachfüllstationen für Putz- und Waschmittel. Nicht zuletzt sind Hausmittel wie Essigessenz zu empfehlen, die sehr ergiebig sind und oft in Glasflaschen verkauft werden.
  • Waschmittel: Gängige Waschmittel und Weichspüler enthalten oft Mikroplastik, doch auch die Art, wie wir waschen, hat Einfluss auf die Menge an Mikroplastik, die durch einen Waschgang im Abfluss landet. So kannst du Mikroplastik beim Waschen vermeiden. Eine weitere Möglichkeit: Waschmittel selbst herstellen - aus Kastanien, die Saponine enthalten, Pflanzeninhaltsstoffe also, die mit Wasser gelöst einen seifenartigen Effekt haben. Hier findest du die Anleitung für Waschmittel aus Kastanien!

Tools und Gebrauchsgegenstände im Bad – gibt’s die auch ohne Plastik?

Sie müssen nicht oft ausgetauscht werden – doch beim nächsten Kauf kannst du bei jedem einzelnen Produkt Plastik sparen. Und zwar so:

  • Toilettenbürste: Die günstige Variante ist aus Plastik in einer Plastikhalterung – und hält entsprechend kurz. Dabei sind zumindest die Halterungen aus Keramik erhältlich.
  • Duschvorhang: Ihre Kunststoffbeschichtung sind ihr wichtigstes Feature, deshalb sind auch kaum andere Duschvorhänge als diejenigen aus oder mit Polyester zu finden. Allerdings kannst du hier auf schadstoffarme, PVC-freie Produkte setzen, die z.B. im Biohandel zu finden sind. Zum plastikfreien Aufhängen eignen sich rostfreie Ösen oder Haken aus Metall.
Nicht zuletzt lohnt es sich auch, in Sachen Aufbewahrung auf Plastik zu verzichten und statt Kunststoffcontainer, die früher oder später entsorgt werden müssen, auf Materialien aus Naturstoffen zurückzugreifen. Oder du machst deine Aufbewahrung einfach selbst - z.B. in Form eines hübschen Häkelkorbs fürs Bad (hier geht's zur Anleitung!)
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